Von der „Ewigen Anbetung“ in Pöllau zur wahren ewigen Anbetung im Himmel

Es war am Hochfest Allerheiligen, im „Jahr der Barmherzigkeit“, 2016. Herr Franz Oswald schrieb sich um 15 Uhr, in der Stunde der Erlösung, in das Buch der Anbeter ein. Es sind 160 Personen die seit 6.1.2015 eine „Ewige Anbetung“ im oststeirischen Pöllau ermöglichen.

Von 15 – 16 Uhr war die wöchentliche Anbetungsstunde von Herrn Oswald. Er lebte allein auf einer kleinen Landwirtschaft im Pöllauer Tal. Einige Wochen vorher kam er auf mich zu und sagte glücksstrahlend, dass es ihm vorkomme, als habe er durch die Teilnahme an dieser Anbetung eine neue Familie gefunden. Seine Anbetungsstunde, die er gewissenhaft hielt, war ihm zum wichtigen wöchentlichen „Rendezvous“ mit dem Herrn geworden. Der nach ihm kommende Anbeter, ein junger Doktor der Medizin, sah ihn an der Wand lehnen und dachte anfangs, Herr Oswald sei in einer etwas ungemütlichen Position eingeschlafen. Nach einiger Zeit aber fiel ihm auf, dass kein Atemzug hörbar war. Auch kein Pulsschlag war feststellbar. Sofort rief er mich an, der ich soeben mit einigen anderen Anbetern in Begriffe war, im Kino den religiösen Film „Mary´s Land“ zu besuchen. Da wir uns in unmittelbarer Nähe verabredet hatten, waren wir – darunter auch drei Kinder – im Nu in der Anbetungskapelle um ihn versammelt, um für unseren verstorbenen Mitbruder zu beten. Elegant gekleidet, mit Anzug und Krawatte, lehnte er sitzend an der Wand, den Rosenkranz in den gefalteten Händen, ein Gebetbuch vor sich liegend. Wenn ich mich nicht täusche, war das Büchlein mit dem Titel „Heil und frei werden im göttlichen Willen“, bei der Litanei zum Heiligen Josef, dem Sterbepatron, aufgeschlagen. Ich holte das Allerheiligste Sakrament aus dem Tabernakel und segnete ihn. Es war eine feierliche, ja freudige Atmosphäre spürbar. So kurz kann der Weg von der „Ewigen Anbetung“ auf Erden, zur ewigen Anbetung im Himmel sein. Wir wissen nicht, wie der Moment wirklich war, aber könnte es nicht wie eine Überblendung im Film gewesen sein. Die irdischen Augen sehen die „weiße Scheibe“, der Glaube sagt uns: „Es ist der Herr!“, aber im Augenblick des Todes gehen dem mit Gott versöhnten Menschen endgültig und für immer die himmlischen Augen auf. Welch´ Gnade, am Allerheiligentag zum Himmel zu gehen und in diesem Moment gerade das zu tun, was dort auf ewig unsere Aufgabe sein wird: Gott zu schauen und ihn zu loben. „Ist es nicht wunderbar, so sterben zu dürfen“, sagten wir zueinander. Auch die Kinder unter uns wurden von dieser Freude erfasst. Als die 10-jährige Miriam einige Tage später ihre Mutter zur Anbetung begleitete, sagte sie keck: „Ich setze mich auf den Stuhl, auf dem Herr Oswald gestorben ist.“ Ja, dieser Allerheiligentag wird für uns unvergesslich bleiben!

Roger Ibounigg, Pfarrer von Pöllau und Pöllauberg